„Den Mut haben, den Kindern zuzuhören“ – Wie unsere Jugend gut aus der Pandemie kommt

© gruene.de

Dazu hatten wir am Abend die Grüne Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz sowie Kinderarzt Dr. Hubmann aus Zirndorf eingeladen – und die Diskussion war dementsprechend ertragreich.

Die ganze Brenzligkeit der Situation stellte zu Beginn unser MdB und Direktkandidat des Wahlkreises Uwe Kekeritz dar: Aus der Coronakrise sei nach mehr als einem Jahr nun eine Bildungskrise geworden – etwas, wovor wir Grüne und insbesondere Ekin bereits letztes Jahr gewarnt haben. Seine Kritik richtet sich an die Bundesregierung: Das Krisenmanagement in der Kinderpolitik habe versagt; häusliche Gewalt wurde beispielsweise ignoriert, bei der Schulthematik habe man Eltern allein mehr oder weniger allein gelassen.
Ein „Hungern“ nach sozialen Kontakten komme bei Kindern und Jugendlichen dabei oft gefährlich nah an ein „Verhungern“ ran. Die Zunahme an psychischen Belastungen zeige dabei die Wichtigkeit auf, den ganzen Themenkomplex der Familien- und Bildungspolitik zu bearbeiten – ganz besonders im Wahljahr.

Mit Dr. Michael Hubmann durften wir einen höchst engagierten Mediziner mit Vor-Ort-Erfahrung begrüßen. Neben seiner Arbeit als Kinderarzt organisiert er u.a. als ärztlicher Leiter das Impfzentrum in Fürth mit. Die große Frage war natürlich: Was ist mit Kinder und Jugendlichen in einem Jahr Corona passiert? Während gerade in der ersten Welle noch viele Kinder und damit die Diskussion um sie in einer Art Schockstarre verweilt sind, hätten schon damals Ärzte auf die Bedeutung des Themas verwiesen. Dass zudem bildungsferne Familien während der Pandemie oftmals stärker betroffen sind, stimme zwar, aber genauso gäbe es auch bei vielen besser situierten Kindern und Jugendlichen psychische Folgen der Corona-Krisenzeit.
Spätestens die dritte Welle zeigt zudem, dass sich prozentual immer mehr Menschen unter 29 mit dem Virus infizieren. Neben der reinen Sterblichkeitsrate müsse so bei der Pandemiebekämpfung auch mehr auf die Infektionsvermeidung an sich gesetzt werden – die Aufhebung der Impfpriorisierung spiele dabei eine wichtige Rolle. Eine Vorbereitung für den Herbst sei dabei notwendig: Die sich ausbreitende Delta-Variante sowie saisonale Effekte machen es nötig, vor allem, da es aus Sicht von Dr. Hubmann zweifelhaft ist, bis dahin eine Durchimpfung zu erreichen, wie es der Bundesgesundheitsminister in Aussicht stellt.
Eine Reihe an politischen Maßnahmen wünscht sich der Kinderarzt ebenfalls, darunter eine Kompetenzverlagerung bezüglich der Hygienekonzepte an Schulen vom Kultus- ins Gesundheitsministerium des Freistaats. Bei der Besetzung von Kommissionen müssten zudem mehr praxisnahe Fachkräfte herangezogen werden (und vielleicht auch Eltern, wie Ekin später hinzufügt). Wichtig sei zuletzt bei allen privat-familiären Entscheidungen, dass sich Eltern gemeinsam mit ihren Kindern über den richtigen Zeitpunkt einer Impfung abstimmen.

…Etwas, das Ekin Deligöz, Sprecherin der Bundestagsfraktion für Kinder- und Familienpolitik und Vizepräsidentin des deutschen Kinderschutzbundes, ebenfalls befürwortet. Wir müssen „den Mut haben, den Kindern zuzuhören“, ihnen auf Augenhöhe begegnen, gerade wenn es um ihre eigene Gesundheit gehe.
Um ein bisschen Positivität einzustreuen, gebe es auch einige Lichtblicke zu vermelden: Für viele Kinder sei es erfreulich, per Homeschooling endlich im eigenen Tempo lernen zu können, man kann später aufstehen, und es gibt mehr Zeit für familiäre Aktivitäten und neue Hobbys. Fakt sei aber auch, dass Einsamkeit und Abgehängt-Werden enorme Probleme sind, besonders wenn gerade bedürftige Familien in 1 von 4 Fällen keine Computer besitzen oder ärmere Kinder beinahe doppelt so häufig von psychischen Problemen in der Pandemie betroffen sind als andere.

Damit alle Kinder wieder aufholen können, hat die Bundestagsfraktion einige Ideen entwickelt. Neben den abgebildeten Freizeitprogrammen brauche es laut Ekin selbstverständlich auch finanzielle Hilfen. Zu nennen sind unter anderem ein monatlicher Corona-Zuschlag oder mittelfristig eine armutsfeste Kindergrundsicherung; auch Vorschläge zur Stärkung von Jugendämtern und zur Förderung von Luftfilter-Anlagen an Schulen wurden von der Fraktion eingebracht. Gerade letztere sollen so pandemieresistent gemacht werden, um in Zukunft möglichst schnell wieder geöffnet werden zu können. Denn: „Schule ist mehr als Lernen, sie ist auch ein soziales Geflecht – Kinder brauchen Kinder“

Auch als sich Dr. Hubmann leider bereits verabschieden musste, konnte ja immer noch Ekin Frage und Antwort stehen.
Bezüglich Bedenken über eine kommende Kürzung von Jugendhilfemitteln als Corona-Sparmaßnahme konnte sie beruhigen: Auf Bundesebene gäbe es keine Anzeichen dafür im Haushaltsentwurf; auch Länder und Kommunen müssten finanziell stark genug ausgestattet sein.
Ein wichtiger Einwurf kam von unserem Kreiskassier Frieder, der sich mehr Augenmerk auf Kinder mit Behinderung wünscht. In Anbetracht der geplanten Reform des SGB-VIII ist optimistisch, dass dadurch inklusives Denken und eine Gleichbehandlung aller Kinder gefördert werde.
Bei der digitalen Ausstattung von Schulen mache Bildungsministerin Karliczek keine gute Figur. Zwar könne sie wenig dafür, dass viele Digitalhilfen nicht abgerufen werden, allerdings werden Schulen nach Kauf von Whiteboards o.Ä. mit ihren Geräten allein gelassen, sodass nicht immer die für die Installation vorhandene Expertise vorhanden ist. Wenn zudem Studenten über BAföG hinaus finanzielle Hilfen bräuchten, sollten sie laut Ministerin Kredite aufnehmen, die aber mit über 4% Zinsen in heutigen Niedrigzinszeiten einem Wucher ähneln und sozial ungerecht seien.

Vielen Dank an Ekin, Dr. Hubmann, Uwe sowie alle übrigen Beteiligten für einen interessanten Abend! Für uns Grüne wird dieser Themenkomplex dieses Jahr auf Kommunal- wie auf Bundesebene eine entscheidende Rolle spielen. Unser Wahlprogramm macht dazu Angebote – um Kinder wohlbehalten aus der Krise zu bringen.

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