Informationsfreiheitssatzung scheitert im Puschendorfer Gemeinderat

In der Sitzung des Puschendorfer Gemeinderates am 8. Dezember 2020 wurde von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ein Antrag auf Verabschiedung einer Transparenz- und Informationsfreiheitssatzung (IFS) der Gemeinde Puschendorf eingereicht. Der Antrag sowie der dem Antrag beigefügte Entwurf einer Satzung wurde von Rechtsanwalt Dr. jur. Jan Lischek juristisch geprüft und an die Gegebenheiten der Gemeinde Puschendorf angepasst. 

Antrag für mehr Transparenz

Hinter dieser Satzung verbirgt sich in einem generellen Verständnis von Demokratie einen niedrigschwelligen Zugang zu Informationen die Angelegenheiten im eigenen Wirkungskreis der Gemeinde betreffend zu schaffen, um diese transparent und barrierefrei den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung zu stellen. Dies war der Fraktion ein wichtiges Anliegen, da bereits vor der Gemeinderatswahl an die Gruppe herangetragen wurde, dass es hier deutlich Verbesserungspotential gibt. Dokumente wie Satzungen, Verordnungen, Protokolle öffentlicher Gremiensitzungen, Berichte der Beauftragten, der Haushaltsplan etc. sollen laut Informationsfreiheitssatzung allen Bürgern leicht zugänglich gemacht werden. Sie hätten außerdem einen rechtlichen Anspruch auf Auskunft und es gäbe eine Übersicht an Dokumenten, die z.B. auf der Webseite veröffentlicht werden. Heute weiß nicht jede*r Bürger*in in welches Dokument sie*er Einsicht nehmen darf oder welche Dokumente überhaupt existieren. Durch die Veröffentlichung wird die Beteiligung an politischen Prozessen vereinfacht, weil die Inhalte, Abläufe und Regeln dieser Prozesse jeder Person niederschwellig zugänglich sind. Damit stärkt eine solche Satzung die Demokratie. Freier und einfacher Zugang zu Informationen beugt Gerüchten, Fake News, aber auch Vetternwirtschaft vor. 

Informationen, die der Datenschutzgrundverordnung, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellen oder aufgrund rechtlicher Vorschriften der Geheimhaltung (z.B. Amtsgeheimnis) unterliegen, sind nicht Gegenstand der Satzung. 

Den Antrag können Sie hier einsehen:
Download des Antrags (pdf, 508 KB) 

Anträge wie diese sind nicht nur in größeren Städten wie Fürth oder Bamberg erfolgreich etabliert worden. Auch kleinere Gemeinden wie Röttenbach haben über ähnliche Satzungen das partnerschaftliche Verhältnis von Bürger*innen und Gemeinde abgesichert. Eine Übersicht unter https://informationsfreiheit.org/ubersicht/ 

(Gegen-)Argumente und Diskussion im Gemeinderat

Da eine solche Satzung nicht ohne Diskussion verabschiedet werden kann, lag sie der Gemeinde und allen Parteien des Gemeinderates bereits 14 Tage vor. In dieser Zeit wurde sich über einzelne Punkte aktiv ausgetauscht und Gespräche geführt.  

In der Sitzung selbst stellte außerdem Jens Engelhardt die wichtigsten Punkte verständlich dar. Verwunderlich war daher, dass sich einigen Gemeinderatsmitgliedern laut deren Aussage der Antrag an sich nicht erschließt und sie schlichtweg die Notwendigkeit für einen sowohl niedrigschwelligen als auch transparenteren Zugang zu Informationen nicht sehen.

Symbolbild eines Eisbergs im Wasser mit kleiner herausschauender Spitze

Andere plädierten für ein Beibehalten der bisherigen Prozesse (persönliche Anfrage auf der Gemeinde), um Dinge nicht komplizierter zu machen als sie sowieso schon seien. Es gab jedoch auch ein konkretes Gegenargument von Tobias Eichner (CSU), der meinte, dass die IFS im Zuge des Bayerischen Datenschutzgesetzes Art. 39 Gesetz keinen Mehrwert für Bürgerinnen und Bürger brächte, da die Einsicht in die erlaubten Unterlagen dort geregelt sei. Dieses Argument wurde von unser Gemeinderätin Anna-Lena Tsutsui entkräftet, da sie den Gesetzestext vorsorglich vorliegen hatte. In diesem heißt es nämlich, dass derjenige ein Recht auf Auskunft hat, der ein “berechtigtes Interesse” glaubhaft darlegen kann. Doch wer beschließt, dass etwas glaubhaft oder berechtigt ist? Außerdem kann nach diesem Artikel die Auskunft verweigert werden, wenn ihr sonstige öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen (also immer!). Die Regelung im Art. 39 des BayDSG ist daher eng, der Anspruch besteht, wenn Hürden übersprungen werden können und steht zudem unter Vorbehalten von nicht näher definierten “öffentlichen und privaten Interessen”. Zudem verpflichtet diese Regelung auch nicht zu einem allgemeinen Transparenzregister. 

Zeitpunkt wäre optimal gewesen

Der Antrag wurde von Bündnis 90/Die Grünen zum jetzigen Zeitpunkt eingereicht, da die Gemeinde sowieso vor der Einrichtung einer neuen Homepage mit Bürgerinformationsservice steht. Hierfür müssen neue Abläufe und Prozesse konzipiert werden, die man dann gleich nach der IFS gestalten hätte können. Dass ein Etablieren von neuen Abläufen und die Aufbereitung der Dokumente einen gewissen Mehraufwand bedeuten, ist nicht von der Hand zu weisen. Trotz des für sie entstehenden Mehraufwands befürwortete die erste Bürgermeisterin Erika Hütten den Antrag. Für sie sei Transparenz und Beteiligung wichtig. Sie habe sowieso schon darüber nachgedacht, einige Dokumente online zur Verfügung zu stellen. 

Warum stimmten also die Gemeinderät*innen der Freien Wähler und der CSU/’Bürger für Puschendorf’-Fraktion gegen den Antrag? 

Wir hoffen nun, dass angestoßen durch unseren Antrag die Bürgermeisterin freiwillig die wichtigsten Dokumente auf der Webseite veröffentlicht. Eine solche freiwillige Transparenz ist jedenfalls lobenswert, kann aber von ihr selbst oder zukünftigen BürgermeisterInnen ohne eine verbindliche Informationsfreiheitssatzung jederzeit beendet oder gekürzt werden. 

Hier muss die Frage erlaubt sein, ob es diese Investition in Mühe und Arbeitszeit es einer Gemeinde und einem Gemeinderat, der nichts zu verschleiern hat, nicht wert sein müsste. Demokratie braucht Transparenz. Und in der Tat: Demokratie kostet Geld. Dennoch wollen wir mehr Demokratie wagen. Die IFS wäre ein adäquates Mittel, um gegen Politikverdrossenheit und vor allem im dörflichen Raum sich schnell verbreitenden Gerüchten mit authentifizierten Informationen und transparenteren Entscheidungsprozessen zu wirken. 

Diese Chance wurde von Grünen und SPD erkannt, aber leider von den Fraktionen der Freien Wähler und der Fraktionsgemeinschaft CSU und Bürger für Puschendorf nicht gesehen.

Wir bleiben dran! 

Autor*innen: Anna-Lena Tsutsui, Jens Engelhardt, Peter Eckert, Jacqueline Klusik-Eckert, Jan Lischek 

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